Schule ohne Rassismus: Felix Benneckenstein (ASH Bayern) übernimmt Patenschaft
Seit dem laufenden Schuljahr 2014/2015 ist Felix Benneckenstein, stellvertretend für die Aussteigerhilfe Bayern, im Rahmen des bundesweiten „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“-Projekts (SoR) offizieller Pate des Rupert-Neß-Gymnasiums im allgäuerischen Wangen. Im Vorfeld dazu macht er sich viele Gedanken, lehnte eine Patenschaft zunächst ab. Kann, ja darf überhaupt jemand, der zehn Jahre lang in der Neonazi-Szene aktiv war, der als Liedermacher und auf Demonstrationen Hass und Angst schürte, eine Vorbildfunktion für junge Menschen, für Schüler und Schülerinnen übernehmen?
Diese und weitere Fragen hat sich der frisch gebackene “Pate” lange gestellt – seine Antwort darauf lautete schlussendlich: Ja – aber nur unter sehr bestimmten Voraussetzungen. Er persönlich hatte in der Vergangenheit bereits eine Hand voll Anfragen dieser Art in seinem Postfach, lehnte aber stets dankend ab. Warum nun aber genau beim Angebot des Rupert-Neß-Gymnasiums nicht? „Letztendlich haben wir uns jedes Mal gegen so etwas entschieden, weil wir eine gewisse Heroisierung von Aussteigern vermeiden wollten“. Über eine nicht durchdachte, bloße Inszenierung ehemals rechtsradikaler Biografien könne „ein Faszinosum auf die Neonazi-Szene“ ausgelöst werden, was fatale Folgen haben kann. Mehrmals hat er vor allem mit der Schulsozialarbeiterin Frau Düppe telefoniert, viele E-Mails hin und her geschrieben. Das Lehrerkollegium in Wangen hatte sich viele Gedanken über die Botschaft des Projekts gemacht und stand geschlossen hinter der Anfrage zur Patenschaft. Auch die Schülerinnen und Schüler hatten konkrete Vorstellungen davon, welche Botschaft von dieser Patenschaft ausgehen soll. „Das war für mich ein entscheidender Punkt: Die Menschen hier wussten sehr genau, worauf sie sich da einlassen.“
Die Zusammenarbeit mit dem Gymnasium stellt für ihn zudem ein gelungenes Zeichen des grundlegenden Resozialisierungsgedanken dar, dass eine Gesellschaft auch Schwächen und Fehler anerkennen und verzeihen kann. Aussteigern und Aussteigerinnen soll die Möglichkeit gegeben werden, ihr altes Leben hinter sich zu lassen. Im Vordergrund steht dabei nicht, Fehler aus der Vergangenheit reinzuwaschen. Vielmehr ist das Ziel am Ende eines Ausstiegsprozesses, dass der oder die Betroffene wieder erfolgreich in die einst so verhasste Gesellschaft integriert werden kann. „Ein gelebtes Konzept der Resozialisierung entspricht eben genau dem Gegenteil des Rache-Gedankens, den man aus vielen fundamentalistischen Kreisen kennt“, sagt Felix Benneckenstein. Über die Kooperation mit verschiedenen „SoR – Schulen“ habe man im Laufe der Jahre viele Vorteile, aber auch einige Nachteile erkannt. Leider sei für manche Schule „das Thema komplett abgehakt, sobald die Anti-Rassismus-Plakette den Schuleingang, oder die Aula schmückt“, sagt Felix Benneckenstein. Eine Patenschaft dieser Art ist sowohl für die ASH Bayern, als auch für EXIT-Deutschland bisher ein einmaliges Ereignis. Voraussichtlich wird es so auch vorerst bleiben. Für Benneckenstein ist vor allem wichtig, dass für die Zusammenarbeit mit dem Rupert-Neß-Gymnasium ausreichend Zeit zur Verfügung steht. Er möchte der Schule mit der ASH-Bayern und ihren Netzwerkpartnern insbesondere langfristig beratend zur Seite stehen. „Einerseits können wir natürlich jederzeit für Veranstaltungen Referenten vermitteln, oder unsere Projekte jährlich neu vorstellen. Andererseits ist langfristig aber auch unser Ziel, gemeinsam mit den Schülerinnen und Schülern, sowie zusammen mit der Lehrerschaft das komplexe Thema „Rechtsextremismus“ und im besten Falle auch andere, menschenfeindliche Einstellungen, genauer zu betrachten.“
Fotos und Text: B. Neudorff